Hey, schön, dass du hier bist!
Das hier ist die Textversion der sechsten Folge des Podcasts „Kopfgespenster – Dein Weg aus der Redeangst“. Wenn du also lieber hörst als liest, dann schau doch mal vorbei: Zum Podcast auf Spotify.
Disclaimer: Dieser Blogbeitrag wurde automatisch aus dem Transkript der Podcastfolge generiert.
Allein mit deinen Ängsten?
Im Podcast spreche ich an dieser Stelle von einer sehr persönlichen Erfahrung. Warum teile ich meine Erfahrungen so offen? Der Grund ist ganz einfach: Ich glaube, dass es wichtig ist, offen und direkt über diese Situation zu sprechen. Ganz ehrlich, Es hat mich sehr viel Mühe gekostet, davon zu erzählen. Und ich habe die Aufnahme mehrmals neu gestartet. Das liegt einfach daran, dass es doch sehr persönlich ist und es ist schwierig, das so in die Öffentlichkeit zu tragen.
Trotzdem glaube ich, dass es wichtig ist, denn ich glaube, dass es sehr viele Menschen gibt, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben. Vielleicht nicht ganz so schlimm, hoffentlich nicht ganz so schlimm, aber trotzdem sich in Aspekten wiedererkennen. Und ich hoffe, dass diese Person durch meine Beschreibungen das Gefühl bekommen, dass sie eben nicht allein sind. Denn ich weiß, wie unangenehm, wie wie schrecklich es sein kann, mit den eigenen Ängsten isoliert zu sein. Denn wenn man so lange mit den eigenen Ängsten isoliert ist, dann wachsen diese Ängste umso mehr an!
Deswegen ist es wichtig zu verstehen, dass viele Menschen unter solchen Ängsten leiden.
In verschiedenen Ausprägungen, mit verschiedenen Symptomen und verschiedenen Ursachen. Aber es gibt viele Menschen, die diese Ängste mit sich tragen und es ist okay, darüber zu reden, auch offen und ehrlich. Und niemand, der es wert ist, ein Gespräch aufzubauen, wird dich dafür abwerten. Im Gegenteil, es ist Selbstwert stärkend, das zu benennen. Es ist Selbstwert stärkend darüber zu reden und es ist stärkend, mit anderen ins Gespräch zu kommen, denen es genauso geht. Und wenn das dazu beiträgt, dann ist dieser Podcast insgesamt ein Erfolg.
Mein Name ist Erik Fandrich. Ich habe mich in den letzten zehn Jahren aus einer massiven Redeangst herausgearbeitet und arbeite heute als selbständiger Kommunikationsberater. In diesem Podcast teile ich mein Wissen rund um das Thema Redeangst.
Keine Musterlösung
In dieser Folge möchte ich den Fokus noch mal auf die Angst legen. Denn wie schon gesagt, kommt die Angst oder die Bewertungsangst oft in Kombination mit anderen Ängsten, mit anderen sozialen Ängsten. Auch dafür gibt es kein Patentrezept. Das habe ich schon in der ersten Folge gesagt und ich möchte auch hier in der letzten Folge nochmal aufgreifen, dass es durch die unterschiedlichen Erfahrungen und durch die individuellen Symptome und Erlebnisse und Wahrnehmungen kein Patentrezept gibt, keine Musterlösung.
Das einzige, was funktioniert, ist es, Dinge auszuprobieren, zu reflektieren und anzupassen. Und das kann man allein machen oder mit externer Unterstützung, beispielsweise durch Beratung oder eben durch Therapie.
In dieser Folge möchte ich noch mal einige Gedanken und auch Ansätze aufgreifen, um sich mit tiefergehenden Ängsten, also mit sozialen Ängsten auseinanderzusetzen.
Wir müssen leider wirklich aus der Komfortzone heraus
Der erste Punkt ist wie ein Pflaster, das wir jetzt schnell abreißen sollten. Du musst, wenn du dich diesen Ängsten stellen willst, irgendwann aus deiner Komfortzone heraus. Das heißt, du musst dich irgendwann Situationen stellen, die dir Angst machen. Und dabei wird es natürlich auch negative Erfahrungen geben. Also es wird am Anfang schmerzhaft sein, es wird anstrengend sein und es kann passieren, dass es sich einfach wirklich, wirklich scheiße anfühlt. Aber das ist Teil des Lernens. Und aus diesen Sachen nimmst du die meisten Erfahrungen mit.
Der Sprung ins kalte Wasser, der kommt irgendwann und der ist auch nicht ersetzbar. Aber du kannst dich eben darauf vorbereiten. Zum Beispiel eben mit diesem Podcast, wenn es um die Redeängste geht. Oder eben auch mit anderen Methoden, wenn es um soziale Ängste geht. Dazu kommen wir gleich. Und mit der Zeit werden die negativen Erfahrungen dann weniger und es wird dir klarer, was dir gut tut und was eben nicht. Und dann wird ja auch klarer, welche nächsten Dinge du machen solltest.
Also wo es sich lohnt, aus der Komfortzone zu gehen oder wo du halt sagst Ja, dafür mache ich das halt nicht. Immer wenn du dich herausforderst, dann sind Stress und Angst gute Anzeichen dafür, dass du dich hier weiterentwickelst. Mir persönlich ist es wichtig, dass wir eine positive Fehlerkultur leben, also in der Fehler nicht nur okay sind, sondern sogar gut und wünschenswert. In der wir uns dafür nicht schämen, dass wir Fehler gemacht haben. Denn ohne Fehler hätten wir nichts Neues gewagt. Und wir müssen halt Fehler riskieren, um eine Entwicklung zu machen auf dem Weg dahin, uns aus der Komfortzone zu wagen und uns auf der auf dem richtigen Level herauszufordern, müssen wir ein realistisches Bild von uns haben oder uns zumindest dem realistischen Bild von uns annähern. Denn nur dann schaffen wir es, uns auch realistische Ziele zu setzen.
Realistische Schritte
Also zum Beispiel, wenn ich gerade an den Anfang meiner Rede Angst denke, da wäre es für mich natürlich unvorstellbar gewesen, mich auf eine Bühne zu stellen und ein Vortrag zu geben. Vor 100 Leuten. Der Sprung wäre viel zu groß gewesen. Der Stress, der daraus resultiert wäre, hätte mich überfordert. Also ich wäre versunken darin. Mich aber auf den nächsten Friseurtermin einzulassen und selbstbewusst in diesen Laden zu gehen, das ist schon ein realistischeres Ziel. Es ist wichtig zu wissen, wo ich gerade stehe und was ich mir selbst zutrauen kann und es dann zu testen.
Rollen austesten
Und es ist auch okay, dabei in andere Rollen zu schlüpfen. Wir haben in einer der vorherigen Folgen darüber gesprochen, dass wir uns überlegen müssen, in welcher Rolle wir auf der Bühne sind. Diese Rolle zu finden, funktioniert nur durch Probieren und dabei schauspielert man am Anfang natürlich ein bisschen und das ist auch okay. Wenn es dir Selbstsicherheit gibt, ist es völlig okay, wenn du dich ein Stück weit vorstellst und ein Stück weit Schauspieler ist, um dich der sozialen Situation anzupassen. Und Schauspielern heißt eben nicht, dass du dich jetzt vorstellst und dadurch unecht und unpersönlich wirst, sondern im Gegenteil, du testest einfach nur andere Aspekte von dir aus.
Also du guckst mal, ob du dich, wenn du dich so verhältst, in der Rolle auch wohl fühlst oder dir diese Rolle eine andere Perspektive auf dich eröffnet, mit der du dann später zu mehr von dir selbst finden kannst. Du kannst dir das so vorstellen, dass wir im Alltag immer in irgendwelchen Rollen sind. Also niemand von uns ist immer so, wie er halt ist, sondern wir haben uns einfach. Durch unser Großwerden und unsere Erfahrungen in einem sozialen Umfeld haben wir irgendwann gelernt, in bestimmten Rollen, mit bestimmten Reaktionen, mit bestimmten Gedanken zu reagieren.
Diese Rollen merken wir oft gar nicht und wir denken dann Das sind halt wir selbst. Doch wahrscheinlich wirst auch du eine andere Person sein, wenn du mit deinen Freundinnen unterwegs bist oder wenn du bei der Familie sitzt. Und das ist völlig normal. Denn in sozialen Beziehungen, also in jeder Art von Beziehung, haben wir mit allen Beteiligten andere Sprachmuster, andere Reaktionen. Das heißt, wir sind in jedem Kontext in einer anderen Rolle. Und deswegen ist es aus meiner Perspektive auch total produktiv, sich in neue Rollen herein zu testen.
Denn wie gesagt, kann man dabei eine Menge über sich selbst lernen und eben dadurch seine eigene Persönlichkeit kennenlernen und hat dann auch ein anderes Verhaltensrepertoire, also mehr Möglichkeiten in Situationen zu reagieren. Kurzum dieses Austesten der eigenen Rolle führt dazu, dass wir wachsen. Und das kann auch funktionieren, indem wir uns zuallererst Vorbilder suchen.
Modelllernen
Kinder lernen ganz viel über das Modell lernen. Das heißt, sie gucken sich an, was die Eltern tun, wie sie sich bewegen, wie sie mit Dingen umgehen, wie sie Dinge bewerten und kopieren. Das und das machen wir unbewusst ja auch im Alltag. Also sei es nun über über Spielfilme oder über Influencer. Wir betrachten andere, wir finden Dinge gut, wir finden Dinge schlecht. Was wir gut finden, übernehmen wir. Was wir schlecht finden, versuchen wir zu vermeiden. Wenn du dich also in sozialen Situationen stärken willst, kannst du dir überlegen, wen du so richtig gut findest dabei.
Also wen du kennst, der oder die super reden kann, in sozialen Interaktion total souverän auftritt und du kannst überlegen, woran das jetzt liegt. Also wie verhalten die sich? Was? Was sagen die? Wie reden die? Und dann schau doch mal, was davon du für dich übernehmen könntest. Ich weiß, dass jetzt viele von euch denken: Ja, aber dann kopiere ich die. Dann bin ich so ein Fake der anderen Personen.
Das stimmt natürlich. Wenn du jetzt nur noch so wärst und dich dieser Person immer wieder angleicht, die die gleiche Frisur machst, die gleichen Klamotten kaufst. Aber darum geht es ja gar nicht. Sondern es geht dabei darum, dass du mit dieser Rolle spielst, als würdest du auf der Theaterbühne stehen. Denkst du dich in diesen Charakter hinein, versuchst den nachzuahmen und dabei zu verstehen und dann kannst du das, was die daran gefällt, was zu dir passt, in deiner Art und Weise übernehmen.
Das heißt, auch in dem Moment, wo du oder das tust, spiegelt sich deine eigene Persönlichkeit in dieser Person und am Ende kannst du mehr über dich lernen als über die andere Person. Deswegen scheue dich nicht davor, auch Dinge zu übernehmen oder zu kopieren. Das ist genau wie in der Kunst. Auch da ist es so, dass wenn wir lernen zu malen oder Skulpturen zu bauen, wir erstmal die Stile derjenigen kopieren, die vor uns kamen, einfach um zu verstehen, wie die gearbeitet haben und wie das funktioniert. Und daraus entwickelt sich dann irgendwann der eigene Stil.
Macht aber jetzt nicht den Fehler, dass du dann merkst ich kann das überhaupt nicht so gut wie die Person. Also ich bin da viel schlechter. Darum geht es auch gar nicht. Natürlich können wir nicht von jetzt auf gleich in eine Rolle schlüpfen und uns dann völlig anders verhalten. Wir sollten uns immer mit uns selbst vergleichen. Also mit dir selbst. Vor einem Jahr oder vor einem halben Jahr. Und du wirst feststellen, dass du dich innerhalb von einem Jahr enorm entwickeln kannst.
Achte auf deine Ressourcen
Das alles sind Punkte, mit denen du sehr aus der Komfortzone herausgehen kannst und ins kalte Wasser springen kannst. Pass aber trotzdem auf dich auf und bleibt wachsam für deine eigenen Ressourcen.
Es ist total wichtig, dabei auch Pausen zu machen und auch anzuerkennen, dass wenn du dich überfordert fühlst oder einfach nur den den absoluten Drang danach verspürst du jetzt, dich zurückzuziehen und einfach für zwei Wochen eine Auszeit davon zu nehmen. Dann mach das, dann nimm dir den Abstand und nimm dir die Zeit. Diese Veränderung ist eben kein Sprint, sondern wir haben hier einen Marathon vor uns. Nachhaltige und gesunde Entwicklung braucht Zeit, denn es müssen sich neue Verhaltensmuster auf allen Ebenen etablieren. Und unser Gehirn braucht dabei Zeit, diese Reaktionsmuster einzuprogrammieren.
Schreibend denken
Was du machen kannst, ist diesen Prozess auch in den Zeiten, wo du dich heraus nimmst, durch Reflexion zu unterstützen. Zum Beispiel indem du ein Tagebuch schreibst. Und dabei geht es gar nicht darum, so kitschig zu werden und jetzt jeden Eintrag beginnen zu lassen mit Liebes Tagebuch. Heute hatte ich Spaghetti zu 12:00 und danach habe ich voll den Ton getroffen, sondern es geht hier darum, dass du einfach nur deine Gedanken, die dich bewegen, auf Papier bringst. Dadurch hast du noch einen anderen Zugang dazu und es eröffnen sich noch mal neue Perspektiven.
Angsttagebuch
Eine Spielart davon wäre zum Beispiel ein Angsttagebuch. In einem Angsttagebuch geht es darum, die eigene Angst über einen bestimmten Zeitraum, zum Beispiel eine Woche oder zwei Wochen, zu beobachten und dann genau aufzuschreiben, wann du diese Angst hattest, wie stark sie war, was sie ausgelöst hat, wie lange sie andauerte und was dich dann wieder beruhigt hat. Daraus können dann Muster erkannt werden, das heißt, du kannst sehen, ob es wiederholende Situationen gibt, ob es bestimmte Verhaltensweisen gibt von dir, die diese Angst befeuern oder eben verbessern. Der Grund, warum es hilft, die eigenen Gedanken aufzuschreiben, entweder als Angsttagebuch oder oder auch einfach nur als Tagebuch, liegt daran, dass wir, wenn wir in diesem Angstgehirn sind, nicht mehr genau unterscheiden können zwischen Emotion, Kognition und Verhalten, also Emotionen, unseren Gefühlen, Kognition, dem, was wir denken und verhalten, also dem, was wir dann tun.
Das Ganze verschwimmt irgendwie in so einem diffusen und vagen Zustand, wenn wir versuchen, das zu Papier zu bringen, dann können wir das genau aufschlüsseln. Also wie hat sich dann hier gerade mein Körper gefühlt? Welche Emotionen stecken da drin, welche Gedanken, welche Angstgedanken kamen dazu? Welche inneren Bilder habe ich gesehen? Und dann auch noch Wie habe ich mich verhalten? Dadurch wird die Angst wieder klarer, wieder greifbarer. Und wir wissen ja. Angst lebt davon, dass sie vage und abstrakt bleibt.
Wenn ich sie zerlege und greifbar mache, dann wird sie plötzlich handhabbar. Diese gesamte Folge lebt davon, dass ich immer wieder sage Das eine ist gut, aber pass auf, dass du das nicht vertreibst. Denn die Gefahr besteht auch hier, dass wenn du dich ängstlich fühlst oder vielleicht sogar eine ängstliche Persönlichkeitsstruktur hast, dazu tendiert das jetzt, wenn du Tagebuch führst, auch alles aufschreibst. Also da muss auch wirklich das Angstagebuch mit allen Einträgen gefüllt werden, die es so gibt. Und plötzlich entsteht daraus wieder eine Drucksituation.
Auch hier ist es wichtig, dann auch da wieder Abstand zu nehmen, zu sagen okay, ich mache das regelmäßig, aber wenn es gerade nicht geht, wenn ich gerade das Gefühl habe, es gibt mir nichts und es löst nur Stress aus, dann lasse ich es bleiben. Diese Ängste zu bekämpfen oder mit diesen Ängsten zu arbeiten, das ist eine Veränderung, die auf ganz, ganz vielen Ebenen gleichzeitig passiert. Das heißt, du hast hier dein inneres Gefühlsleben, du hast Beziehungsmuster zu anderen Personen, du hast verschiedene Rollen in verschiedenen Kontexten, also Arbeit, Schule, Studium, Hobby, Privatleben. Diese Liste kann man unendlich weiterführen und auf all diesen Ebenen wirst du dich ja verändern, weil sich dein gesamtes Wesen verändern wird.
Und deswegen ist es okay, den Fokus von einem Bereich wegzunehmen und auch mal auf einen anderen Bereich zu legen. Denn wir können uns nicht immer nur in einem Bereich weiterentwickeln, sondern wir müssen verschiedene Bereiche parallel betrachten und zwischen ihnen wechseln. Das heißt aber nicht, dass dann der andere Bereich in der Zwischenzeit liegen bleibt. Im Gegenteil.
Erstens arbeitet unser Unbewusstes immer weiter daran, denn diese Prozesse enden ja nicht einfach im Unterbewusstsein. Und zweitens wird jede Verbesserung in einem Bereich auch die Lebensqualität in anderen Bereichen erhöhen.
Auf dem Lernplateau
Am Anfang kann es sich so anfühlen, als würde das super lang dauern und als würde man stillstehen. Aber neue Fähigkeiten, die lernt man exponentiell. Das heißt, am Anfang dauert es lang und man kommt nur langsam voran, aber irgendwann macht es einen Sprung und dann geht die Entwicklung viel schneller. Eine gute Sache, um sich selbst vor Augen zu führen, was man bisher schon erreicht hat, obwohl es sich anfühlt wie Stillstand es ist, das Ganze aufzuschreiben.
Das kannst du zum Beispiel in einer Art von Dankbarkeitstagebuch machen, wo du dir jeden Tag fünf Dinge aufschreibst, für die du dankbar bist. Oder indem du, um deinen Selbstwert zu pusten, einmal alle Dinge sammelst, die dafür sprechen, dass du eine wertvolle Person bist. Da kannst du dich hinsetzen. Du kannst aufschreiben, warum dein Wert als Mensch nicht von der Leistung in einer bestimmten Situation abhängt oder was andere Menschen an dir wertschätzen. Daraus bilden sich dann emotionale Ressourcen für die Momente, in denen du dich eben nicht so stark fühlst. Im besten Fall hast du immer so eine Liste parat und kannst sie aufschlagen und nachlesen.
Falls du dich also wirklich, wirklich angeschlagen fühlst. Außerdem kann dieser gefühlte Stillstand auch ein sogenanntes Plateau sein. Denn die Entwicklung von Verhalten, die läuft eben nicht genau exponentiell, sondern es gibt immer eine Weile Anstieg, wo man genau merkt, dass man sich gerade verbessert, dass man was Neues lernt. Und dann folgt eine ganze Weile Stillstand, wo man auf dem Niveau bleibt, aber sich nicht weiterentwickelt. Das sind die Plateaus. Auf diesem Plateau bleibt man in der Regel immer eine Weile, bevor man dann den nächsten Sprung macht. Der nächste Sprung kommt aber.
Die Kunst besteht darin, auch dann weiterzumachen, wenn man sich auf diesem Plateau befindet.
Angsthierachie
Eine Möglichkeit, dich auch auf diesen Plateau weiterzuentwickeln, stammt aus der Verhaltenstherapie. Diese Methode kann eben auch zur Selbsttherapie eingesetzt werden. Allerdings auch hier wieder mit dem Hinweis, dass Selbsttherapie zwar nachgewiesenermaßen wirksam ist, aber eben keine Therapie ersetzt. Das heißt, wenn du sicher gehen willst, ist es immer gut, dass du dich in professionelle Psychotherapie begibst.
Bei dieser Technik handelt es sich um die Arbeit mit einer Angsthierarchie. Dabei geht es darum, dass wir dem Gehirn beibringen, dass zwischen der Situation, die uns Angst macht und der Reaktion mit Angst darauf eine Verbindung liegt, die man auflösen kann. Das Gehirn soll also verlernen, dass diese Situation beängstigend ist. Und das passiert, indem man dem Gehirn zeigt, dass die negative Konsequenz, die wir erwarten, eben nicht eintritt. Dazu nutzt man die systematische Desensibilisierung systematisch deswegen, weil sie einen Plan folgt und Desensibilisierung deswegen, weil man dem Gehirn zeigt, dass beängstigende Situationen eben eigentlich nicht beängstigend sind.
Das Gehirn also weniger sensibel wird für diese Angstsituation. Das Ganze funktioniert am besten, wenn man bereits eine Entspannungstechnik für sich gefunden hat und die regelmäßig praktiziert. Also wenn du bereits regelmäßig meditierst oder autogenes Training machst, progressive Muskelrelaxionen oder regelmäßig Atemtechniken darauf verwendest oder dir deinen Ruheort visualisiert, dann bist du gut vorbereitet, um mit dieser Technik zu arbeiten. Das Ganze funktioniert so, dass du dir einen Plan machst, mit ganz kleinen Schritten, die aufeinander aufbauen und sich einem großen Ziel nähern. Beispielsweise könntest du sagen das Ziel ist, dass du auf einer Bühne vor 20 Leuten reden kannst.
Dann suchst du dir mehrere kleinere Schritte, die darauf hinarbeiten. Das heißt, wir arbeiten hier nicht nur mit realen Situation, sondern vor allem mit Vorstellungsbildern. Diese kleineren Schritte dahin könnten zum Beispiel sein, dass du dir vorstellst, dass dieser Vortrag erst in einem Monat stattfindet oder dass die Präsentation in drei Tagen stattfindet. Dass du vor einem ganz unbekannten Publikum redest, von fünf Personen oder einem bekannten Publikum, zum Beispiel bestehend aus Freundinnen.
Wie genau dieser Plan aussieht, hängt natürlich davon ab, welche Situationen für dich beängstigend sind. Die Idee ist aber generell, dass du dir kleine Schritte suchst, die aufeinander aufbauen und zu dem großen Ziel führen, das du dir gesetzt hast. Du beginnst dann ganz unten, das heißt mit der ersten, mit dem ersten leichten Schritt.
Die Übung beginnt, indem du dich in den Ruhemodus begibst, das heißt in dem du die Atemtechnik anwendest oder die progressive Muskelrelaxion oder dich in den Ruheort zurückziehst. Und während dieser Entspannung dann die erste Stufe, also das einfachste Bild, was du dir gesucht hast, in dein Bewusstsein zu rufen, also vorzustellen, wenn du merkst, dass dann die Angst beginnt, versuchst du durch die Entspannungstechniken diese Angst herunterzufahren. Und wenn das klappt, dann gehst du zum nächsten Schritt stellst du die etwas schwierigere Situation vor.
Und das machst du so lange, bis du merkst, dass du einen Punkt erreicht, an dem die Angst einfach zu groß ist und du dich nicht mehr selbst beruhigen kannst. Dann brichst du diese Übungsreihe ab und beginnst wieder von vorn. Das Ganze lässt sich natürlich nicht an einem Tag zum Erfolg führen, sondern ist darauf angelegt, dass man das immer wieder macht, also über mehrere Wochen hinweg wiederholt. Und zwar so lange, bis man am Ende dieser Hierarchie angekommen ist, dieser Pyramide. Sich also diese bedrohliche Situation, unser Ziel vorzustellen, ohne dabei in Angst zu verfallen.
Wenn du zum Beispiel Angst vor Spinnen hättest, dann würde man hier damit beginnen, dass du dir grundsätzlich erstmal vorstellst. Irgendwo im Wald hängt eine kleine Spinne, die du überhaupt nicht bedrohlich findest. Und mit jeder Stufe könnte diese Spinne jetzt größer werden. Dann könntest du dir vorstellen, dass du an einem Tisch sitzt und in der Mitte des Tisches sitzt diese Spinne. Vielleicht kommst du dann sogar auf die nächsten Stufen und nimmst diese Spinne auf die Hand. Das Ganze zielt darauf ab, dass du diese Angst vor der Spinne verlierst. Aber wie gesagt, wie nun diese Angsthierarchie konkret aussieht, das hängt davon ab, wie groß deine Angst ist, welche Erfahrungen besonders beängstigend sind.
Und auch hier muss man halt einen individuellen Plan erstellen. Das lässt sich nicht generell sagen, dass diese zehn Schritte dazu führen, dass du dann keine Angst mehr davor hast. Deshalb ist es hier ratsam, sich Unterstützung zu suchen. Also entweder in Form von Gleichgesinnten, also Personen, die vor ähnlichen Problemen stehen. Das kann auch irgendwie über über Foren passieren oder über Social Media. Oder eben durch Teilnahmen an Seminaren, an Workshops, an Beratungen.
Superkraft
Damit sind wir am Ende des Podcasts. Ich möchte mit einem Gedanken schließen, der mich dazu bewegt hat, dieses Podcastprojekt überhaupt zu starten. Dieser Gedanke stammt von Eleanor Hunter. In einem Podcast hat sie gesagt, dass diejenigen, die unter Redeangst leiden und dann reden lernen, danach eine Superkraft haben. Denn die Personen, die weniger reden, haben viel mehr Zeit dazu, zuzuhören. Und dadurch haben sie häufig ein sehr gutes Gefühl für Sprache, ein sehr gutes Gefühl für die Stimmung im Raum und für den emotionalen Zustand von anderen Personen.
Ihr Beispiel war, dass häufig diese Personen mitbekommen, wenn jemand am Esstisch sitzt und etwas vom anderen Ende des Tisches haben möchte. Und zwar noch bevor die Person das sagt. Personen, die eher nicht so viel reden, haben häufig gelernt, auf kleine Hinweisreize zu achten, nehmen also auch kleine Anzeichen wahr, die andere Personen, die gerne viel reden und deswegen auch viel mit sich selbst beschäftigt sind, nicht wahrnehmen würden. Natürlich ist es jetzt nicht bei allen Leuten so und es gibt in beiden Gruppen natürlich auch Personen, die sensibel dafür sind oder eben nicht.
Aber ich möchte zum Schluss dieses Podcast dir den Mut geben, dich auf den Weg zu machen, deine eigene Superkraft zu entdecken. Denn ich kann aus eigener Erfahrung sagen, dass es eine Menge Spaß macht, wenn man die ersten Schritte gegangen ist und merkt, wie gut es sein kann, vor anderen zu reden.
Ich wünsche dir viel Erfolg auf deinem Weg und natürlich freue ich mich, wenn du mir Feedback gibst.
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