👻 Unwägbarkeiten der Bühne

Der Telefon-Workshop

Als 2020 die Pandemie ausbrach, war schnell klar, dass Veranstaltungen auf absehbare Zeit nur noch online stattfinden können. Wir alle mussten in sehr kurzer Zeit kreative Lösungen finden, um trotzdem noch irgendwie miteinander in Kontakt zu kommen. Plötzlich entstanden die seltsamsten Situationen: Gemeinsam kochen über Zoom, singen auf dem Balkon und ständig der Satz: „Ich habe mich vorhin noch getestet“, bevor zur Begrüßung umarmt wurde.

Ein besonders seltsames Erlebnis hatte ich mit einem Workshop für eine Schulklasse. Das war die Zeit, in der die Schüler*innen mit Masken im Klassenzimmer sitzen mussten. Geplant war, dass ich über Zoom auf dem Smartboard der Klasse dazu geschaltet werden soll. Das war für mich ein gewohntes Umfeld, denn seit Beginn der Pandemie habe ich bereits online Workshops gegeben. Ich habe mich also wie gewohnt zur geplanten Zeit eingewählt und war bereit. Doch was ich nicht vorhersehen konnte, waren die technischen Probleme der Schule. (Rückblickend war das sehr naiv. Das würde heute nicht mehr passieren. Ich habe mittlerweile genügend Berliner Schulen von innen gesehen.)

Jedenfalls funktionierte der Lautsprecher des Smartboards nicht. Auch die Kamera hatte Probleme. Ich war also weder zu sehen noch zu hören. Während die Lehrerin und ich also über den Chat irgendwie versuchten, das Problem zu lösen, entstand eine neue Idee. Und zwar ruft mich die Lehrerin einfach an, stellt ihr Telefon auf Lautsprecher und legt es in die Mitte des Klassenraums. So haben wir das dann gemacht. Und so kam es, dass ich meinen ersten Workshop übers Telefon gegeben habe. Und der lief dann wirklich mittelmäßig.

Über Telefon verliert die Kommunikation dann doch viel zu viele Facetten. Um für einen vollwertigen Workshop auszureichen. Im Wesentlichen habe ich also einen kurzen Input gegeben, denn wir hatten eh schon viel Zeit verloren und danach die Fragen der Klasse beantwortet. Ob das jetzt besser war, als den Workshop komplett ausfallen zu lassen, kann ich nicht beurteilen. Aber es war der Versuch auf jeden Fall wert und ist jetzt im Nachhinein eine witzige Anekdote.

Angst ist abstrakt und vage

Viele Menschen tendieren dazu, sich die aller schlimmsten Versionen einer Situation vorzustellen. Dem Gehirn ist es dabei ziemlich egal, wie unrealistisch diese Vorstellungen eigentlich sind, gemäß dem Motto was vorstellbar ist, das kann auch passieren. Das ist die letzte der vier Dimensionen im Umgang mit der Redeangst. Und die ist ein Paradebeispiel dafür, wie unsere Kopfgespenster funktionieren. Denn wie oft hast du dir im Vorhinein zu einem Termin schon Sorgen gemacht, wie schlimm, wie schrecklich der wird und im Nachhinein festgestellt, das war halt völlig bedeutungslos. Dann kamen da klassische Kopfgespenster zum Einsatz, also Ungetüme in unserem Kopf, die die Situation dramatisch wirken lassen. Aber dann in der Realität doch Nichtigkeiten sind.

Das Problem ist, dass Angst keinen konkreten Anlass braucht, im Gegenteil. Es kann also sogar als Punkt in der Definition von Angst betrachtet werden, dass die Angst vage und abstrakt bleibt. Das ist der große Unterschied zur Furcht, denn die bezieht sich eben auf etwas ganz Konkretes, auf ein konkretes Objekt oder auf einen realen Kontext.

Menschen in Angstsituation hingegen, die haben das Gefühl, dass es hier komplex ist, dass es diffus ist, also vernebelt auf eine Art und Weise. Und in diesem Zustand der verschwimmen plötzlich alle Dinge, also Wahrscheinlichkeiten, realistische Annahmen. All das geht unter im Meer des Schreckens. Und wir müssen versuchen, einen Umgang mit diesen Unwägbarkeiten zu finden, also den Dingen, die wir eigentlich weder vorhersehen noch richtig ändern können, um uns wieder selbst zu ermächtigen, in der Situation zu handeln.

Dazu stehen uns drei mögliche Wege zur Verfügung.

Erstens: Wir können versuchen, mehr Kontrolle zu bekommen, also Kontrolle über die Situation. Die Grundidee ist ganz einfach Wenn die Angst sich auf abstrakte Dinge bezieht, dann sollte ein möglichst konkretes Bild der Situation dazu führen, dass die Angst weniger Raum einnehmen kann.

Zweitens: Wir können uns so gut wie möglich vorbereiten, denn dadurch sind wir flexibler, um auf alle Eventualitäten zu reagieren.

Drittens: Wir können versuchen zu lernen, dass diese Unwägbarkeiten dazugehören. Wir können versuchen, sie zu akzeptieren. Das ist für viele der schwierigste Einsatz.

Genau darum geht es im Podcast „Kopfgespenster – Dein Weg aus der Redeangst“.
In 6 Folgen zeige ich dir, wie die Angst vor dem Reden entsteht, warum es zu den typischen Symptomen kommt und welche Möglichkeiten es gibt, mit der Angst umzugehen.

Informationen für mehr Kontrolle

Beginnen wir also mit dem ersten Ansatz. Wie können wir mehr Kontrolle über die Situation bekommen? Im ersten Schritt geht es uns darum, Informationen einzuholen. Da sich eben, wie schon gesagt, die Angst auf abstrakte Vorstellungen bezieht, können wir aktiv entgegenwirken, wenn wir die Situation so konkret wie möglich werden lassen. Und dazu brauchen wir Wissen über über die Präsentation, Situationen. Wir müssen wissen, wie dieser Moment konkret ablaufen wird. Wir müssen unser Gehirn unterstützen, sich ein konkretes Bild von der Situation zu machen. Und je mehr Kleinigkeiten, je mehr Details wir dafür sammeln können, desto leichter wird es unserem Gehirn fallen, das alles zu einem konkreten Bild zusammenzusetzen. Und desto weniger Raum bleibt für diffuse Ängste. Das heißt, die Vertrautheit mit der Situation, die wir da erschaffen, die lindert die abstrakte Angst. Und dabei helfen uns die klassischen W-Fragen.

Wo findet die Präsentation statt? Also in welchem Raum, an welchem Ort und wann findet sie statt? Zu welcher Tageszeit? Je konkreter wir hier sind, desto besser. Denn allein zu wissen, wo ich rede, also wo ich stehen werde, wie ich mich dort bewegen kann, kann schon eine gewisse Sicherheit geben, denn mein Gehirn kann sich jetzt konkret vorstellen, wie es aussehen könnte, also mit welchem Licht wir es hier zu tun haben, wie groß der Raum ist.

Klingt vielleicht ein bisschen komisch, aber es gibt ja verschiedene Verhaltensweisen auf der Bühne. Also wenn ich zum Beispiel präsentiere, dann laufe ich dabei gern hin und her. Das heißt, ich brauche da einen gewissen Bewegungsfreiraum. Wenn ich jetzt weiß, dass der Raum, an dem ich präsentieren werde, oder die Bühne oder der abgetrennte Ort, wo dann die Bühne sein sollte, wenn die zu klein ist und ich weiß, ich kann mich darauf nicht viel bewegen, dann muss ich mich darauf einstellen. Das Gleiche gilt auch, wenn zum Beispiel ein Pult aufgebaut ist mit einem Mikrofon und ich darin stehen bleiben muss. Auch darauf muss ich mich einstellen können, denn sonst fühle ich mich ausgebremst. Und im schlimmsten Fall passiert es dann, dass ich aus meinem Sprachfluss komme, weil ich mich dann aus dem Impuls heraus wegdrehen und weglaufen möchte, aber eben an dieses Mikrofon gebunden bin.

Bei der Tageszeit ist es ganz ähnlich. Denn davon hängt nicht nur ab, wie aktiv das Publikum ist, also wie frisch noch die Köpfe sind, die vorne sitzen, sondern auch, wie die Stimmung im Raum ist, also die Lichtstimmung und generell die Atmosphäre. Morgens um neun bei hellem Sonnenschein und vielleicht Vogelgezwitscher, denn die Fenster sind leicht offen. Es ist eine ganz andere Stimmung im Raum als abends um 18:00 bei schwarzen Fensterscheiben und der vollen Raumbeleuchtung.

Eine weitere Frage, die wir stellen können, ist Wie findet die Präsentation statt? Und da haben wir mehrere Aspekte, die da drin stecken. Der erste Aspekt ist auf den Ablauf bezogen. Also wie läuft diese Präsentation ab? Gibt es neben meiner Präsentation noch weitere, die vorher oder nachher stattfinden? Wie lange dauert meine Präsentation? Gibt es eine Anmoderation? Gibt es einen Frageblock? Danach gibt es einen Frageblock, der vielleicht erst viel später im Programm kommt, bis zu dem ich dann warten muss? Oder kann ich einfach losgehen und mir Kaffee holen? Oder aber auch gebe ich die Präsentation mit jemand anderem zusammen. Außerdem kann man dieses wie auch auf die Technik beziehen. Ganz konkret Wie schalte ich denn meine Folien weiter?

Das ist dann am Ende in der Realität ein ganz entscheidender Punkt. Also muss ich zum Laptop laufen und auf der Tastatur weiterklicken. Oder kann ich das mit einem Folienklicker oder Presenter von überall aus tun und bin dadurch flexibler? Denn es kann natürlich passieren, dass wenn ich zum Laptop laufe, ich auch aus meinem Sprachfluss gerissen werde und jeder Moment, wo ich aus meinem Sprachfluss gerissen werden könnte, ist ein potenzieller Moment, in dem ich ins Stocken gerate. Und gerade wenn es mir darum geht, mehr Sicherheit zu gewinnen, dann sind das die Momente, die wir auf jeden Fall aussparen wollen. Und wenn wir in der Vorbereitung was tun können, um dem vorzubeugen, dann super, dann sollten wir das auf jeden Fall tun. Also es ist vielleicht gut, wenn du weißt, du wirst jetzt mehrere Präsentationen geben, die einen Presenter oder Folien Clicker zu kaufen kosten 10 € und die Investition lohnt sich auf jeden Fall.

Ich rate dir dringend davon ab, eine Lösung zu wählen, wie jemand andere sitzt am PC und klickt weiter für dich. Denn dadurch entstehen immer kurze Zwischensequenzen, wo ihr euch absprechen müsst und das ist sowohl fürs Publikum ultra nervig als auch für dich. Oder anstrengend, weil auch hier wieder passieren kann, dass die Person zu früh oder zu spät klickt und du hast ein Plus herauskommst. Es ist sehr beruhigend zu wissen Ich habe alles, was ich brauche in meiner Hand und kann von jeder Ecke des Raumes aus die Folien weiterschalten.

Zur Technik gehört aber auch, wie genau die Folien angezeigt werden. Also gibt es einen Beamer im Raum? Gibt es ein Smartboard, was irgendwo hängt? Gibt es einen Monitor und wie schließe ich mein Gerät da an? Bzw muss ich es anschließen? Also muss ich jetzt irgendwie über HDMI mein Rechner anschließen? Brauche ich dafür irgendein Adapter von USB-C auf HDMI? Möchte ich online auf die Folien zugreifen? Also gibt es hier irgendwie WLAN oder muss ich mir selbst ein Hotspot nehmen über mein Handy? All das sind Fragen, die ich im Vorfeld klären sollte.

Diese kleinen, winzigen Unsicherheiten summieren sich am Ende nämlich auf zu einem großen, vagen und diffusen Bild von Unsicherheiten, was dann eben den Raum für Angst schafft. Zum Glück können wir technische Fragen sehr schnell klären. Ein kurzer Anruf, eine kurze Email an die Personen, die dafür verantwortlich sind. Entweder die Dozent*innen oder die Veranstalter*innen. Oder in Teammeetings halt Vorgesetzte. Und deine Fragen werden geklärt.

Beim Raum und bei der Technik können wir Komplikationen schon weit im Vorfeld erkennen, wenn wir uns die Mühe machen nachzufragen. Alles was zu deiner Präsentation gehört, also deine Folien und wie du die Folien weiter klickst. Sind Dinge, die du bestimmen solltest. Alles darüber hinaus. Also der Beamer, das Smartboard, die Deckenbeleuchtung, WLAN liegen nicht in deiner Hand. Und hier ist es auch okay. Ab einem bestimmten Punkt, nämlich dort die Grenze zu ziehen und zu sagen das liegt nicht in meiner Hand, sondern das liegt in den Händen der Veranstalterinnen.

Die letzte Frage ist das Wer. Wer ist eigentlich dabei? Gibt es weitere Vorträge vor oder nach deinem Vortrag? Also gibt es weitere Redende? Das kann spannend sein, wenn du dich auf vorherige Vorträge rückbeziehen willst oder wenn du weißt, dass bestimmte Themen noch später kommen werden. Darauf verweisen kannst in deinem Vortrag. Dazu zählt aber auch, wer moderiert. Also gibt es eine Moderation. Es ist ein Dozent, eine Dozentin, die dich anmoderiert. Es ist auf einer offiziellen Veranstaltung eine richtige Moderation, die diese Rolle übernimmt. Oder gibt es sogar eine Person, mit der du gemeinsam die Präsentation gibst und mit der du dir dann die Bälle hin und her spielen kannst? Und zu guter Letzt Wer sitzt eigentlich im Publikum? Also wie viele werden da sitzen? Kenne ich Leute, die da sitzen werden? Was weiß ich schon über das Publikum?

Häufig ist das der größte unbekannte Bereich für uns. Dann ist es sehr schwer vorherzusagen, wer zu einer Präsentation kommen wird. Außer wir wissen, dass wir innerhalb von einem Seminar oder an einem Meeting sitzen. Da kennen wir ja meistens die Personen, die da teilnehmen werden. Doch auch für unbekanntes Publikum ist es möglich, dass wir uns dem nähern können. Wir können überlegen, ob wir vielleicht abschätzen können, wie alt die Leute im Publikum sind, ob sie vielleicht aus einem Studiengang kommen oder aus einem Unternehmen, ob sie aus einer bestimmten Branche kommen.

All das sind Dinge, die ich mir schon im Vorfeld überlegen kann und abwägen kann, was davon ungefähr zutreffen könnte. Das hilft, dass wir uns zumindest einem wirklichen Bild annähern können. Du siehst also, es gibt viele Möglichkeiten, im Vorfeld Informationen einzuholen. Wie viel Zeit und die Vorbereitung investierst, hängt natürlich auch davon ab, wie wichtig die Situation für dich ist und wie viel Sicherheit du dir zusätzlich generieren möchtest.

Es macht nicht für jeden Vortrag Sinn, die gesamte Strecke zu gehen, aber ein paar Grundüberlegungen sind nie verkehrt. Und wenn du mehr Routine darin hast, kann es trotzdem helfen. Zum Beispiel auf der Hinfahrt kurz überlegen Wo bin ich da gleich? Wie sieht der Raum aus? Wer sitzt eigentlich dort? Und ein Gefühl zu bekommen für die Situation? Das hilft dir natürlich auch, dich einzugrooven, auf die Situation, also in die richtige Stimmung zu kommen für den Anlass

Mehr Kontrolle durch Vorbereitung

Der zweite Weg, um den Unwägbarkeiten zu begegnen, ist die Vorbereitung. Als Faustregel Je besser du vorbereitet bist, desto flexibler bist du auch, wenn irgendwas schief läuft. Es kommt immer wieder mal vor, dass Veranstalter*innen auf mich zukommen und sagen: „Ja, sorry, wir hatten jetzt für deine Präsentation 60 Minuten angesetzt, aber wir haben hier so Zeitverzug gerade, wir haben überzogen. Könntest du es vielleicht auch kürzen? So vielleicht auf 45 Minuten?

Und das ist natürlich jedes Mal richtig blöd, denn wenn du 16 Minuten vorbereitet ist, dann hast du die natürlich auch mit mit sinnvollen Inhalten vorbereitet. Es ist immer schwer, irgendwas rauszunehmen, das tut immer weh. Aber obwohl es so frustrierend ist ich mache es dann doch immer wieder. Denn niemand hat gewonnen, wenn du auch noch überziehst. Im schlimmsten Fall sorgt das nämlich dafür, dass dein Publikum schon mit schreienden Hufen auf dem Stuhl sitzt und darauf wartet, dass es endlich losgehen kann oder in die Pause gehen kann oder was auch immer. Auf jeden Fall sind die Leute dann nicht mehr aufnahmefähig und haben eigentlich gar keine Lust mehr zuzuhören. Zumindest in den letzten Viertelstunde, wo du über ziehst.

Deshalb kürze ich dann meine Vorträge jedes Mal und halte damit auch die Zeit ein. Denn die Anfangs und Endzeit ist ja auch ein Versprechen, was man denjenigen gibt, die zuhören. Denn damit signalisiert man ja, ich respektiere deine Zeit und ich erwarte aber auch, dass du meine Zeit respektierst und pünktlich hier bist und dann auch zuhörst. Den Frust darüber kann man immer noch im Nachhinein besprechen.

Um aber jetzt aus dem Stehgreif zu kürzen, so wie ich es zum Beispiel bei dem Telefonworkshop gemacht habe, musst du wirklich gut vorbereitet sein. Die muss klar sein, welche Abschnitte in deinem Vortrag vorkommen und welche du aussparen kannst, ohne dadurch den gesamten Punkt sinnlos zu machen. Da möchte ich noch mal verweisen auf die zweite Folge. In der geht es ja ganz konkret um diese Vorbereitung. Dazu gehört aber auch, dass du mehr weißt, als du in der Präsentation geplant hast. Dieses Wissen drum herum ist total wichtig für Situationen, in denen du feststellst, dass dein Publikum zum Beispiel aus einer ganz spezifischen Zielgruppe kommt, also irgendwie Vorerfahrung hat. In ganz spezifische Art und Weise, die du mit einem kleinen Exkurs super einbeziehen kannst, um das Thema, das du besprechen möchtest, so verständlicher werden zu lassen.

Voraussetzung dafür ist natürlich, dass du halt flexibel genug bist, um diesen Exkurs zu machen, weil du dich im Thema halt gut genug auskennst. Gleichzeitig boxt du hier aber auch der Situation vor, dass du auf Fragen nicht reagieren kannst. Wahrscheinlich kennst du das auch, dass Publikumsfragen, wenn sie gestellt werden, dann häufig sehr spezifisch sind. Wenn du genügend Wissen zum Thema hast, kannst du natürlich aus dem Stehgreif sehr flexibel darauf antworten. Außerdem weißt du die Fragen einzuordnen, auch wenn du die Antwort nicht direkt weißt. Aber du hast zumindest eine Ahnung, in welche Richtung es gehen könnte. Kannst diese erste Ahnung zum Ausdruck bringen und dann geschickt moderieren.

Lass uns kurz genau drauf zoomen, was dieses abmoderieren bedeutet, denn ein Gespenst von dir könnte sein, dass du Fragen gestellt bekommst, auf die du gar nicht reagieren kannst, also wo du nicht weißt, was die Person von dir möchte. Das ist überhaupt kein Problem. Ich will dir zwei Optionen an die Hand geben, mit denen du in der Regel immer reagieren kannst. Bei der ersten Reaktion solltest du die Frage beantworten können, aber es dauert vielleicht zu lange, sie jetzt zu beantworten.

Also stell dir vor, die Frage wird während deiner Präsentation gestellt und du merkst, sie würde den Inhalt des Vortrags gerade so sehr sprengen, dass es für die Hälfte des Publikums langweilig wäre. Dann solltest du genau das zum Ausdruck bringen: „Danke für Ihre Frage. Der Aspekt ist total spannend. Lassen Sie uns darüber in der Pause noch mal detailliert reden, denn das würde jetzt den Rahmen des Vortrags sprengen. Aber wer Interesse daran hat, Lassen Sie uns gerne noch eine Pause am Kaffeespender sammeln und über das Thema noch mal genauer reden.“

Damit signalisiert du nicht nur, dass du die Frage noch mal mit mehr Zeit beantworten willst, sondern du signalisiert auch, dass du die Zeit der anderen respektierst, die im Publikum sitzen und für die die Frage vielleicht nicht relevant wäre. So oder so, du wirkst dabei sehr kompetent.

Die zweite Möglichkeit wäre, dass du wirklich keine Ahnung hast, was die Person von dir möchte und worauf die Frage abzielt. Dann solltest du genau das auch zum Ausdruck bringen: „Also kannst du sagen Oh, das ist eine sehr spannende Frage. Da bin ich bisher noch nicht nachgegangen, aber ich möchte das sehr gerne nachholen. Wenn Sie mir Ihre E Mail Adresse aufschreiben, dann recherchiere ich noch mal und sende Ihnen, was ich finde, im Nachhinein zu.

Auch damit wird das Publikum völlig zufrieden sein, denn du signalisiert, dass du natürlich nicht alles wissen kannst, denn niemand weiß alles. Aber dass du dich sehr gern noch mal dafür einsetzt, noch mal engagierst, um diese Frage zu klären. Also die inhaltliche Vorbereitung ist natürlich total wichtig und je besser du sie machst, desto flexibler kannst du reagieren.

Wir haben im ersten Schritt über den Raum gesprochen und über die Personen, die darin mit dir sein werden während der Präsentation. Und wir haben über die inhaltliche Vorbereitung geredet. Jetzt kommt beides zusammen. Vielleicht hast du schon mal vom Tapeteneffekt gehört. Diesen Namen hat Vera Birkenbihl geprägt, eine Dozentin, Autorin und Rednerin. Dahinter steht ein psychologischer Effekt und der besagt, dass wir nie nur Informationen lernen, also Sachinformationen, sondern auch immer den Kontext mit lernen, in dem wir diese Informationen zum Ersten Mal gehört oder gelesen haben. Soll heißen wenn du dich auf die Inhalte vorbereitet, auf deine Präsentation, dann speichert dein Gehirn auch ab, wo du das tust. Also an deinem Schreibtisch mit einem Monitor. Mit den Stiften, die du hast, mit der Musik, die du nebenbei hörst, dem Geruch, der in der Luft liegt.

Dieser Effekt wurde unter anderem untersucht, indem man Menschen hat Dinge lernen lassen, entweder an Land oder unter Wasser, und sie dann getestet hat, entweder an Land oder unter Wasser. Dabei konnte man feststellen, dass wenn Personen unter Wasser gelernt haben, sie auch unter Wasser die besten Prüfungsleistungen hatten und umgekehrt. Wenn Menschen an Land gelernt haben, haben sie an Land die besten Prüfungsleistungen gehabt. Hat man das vertauscht? Also Menschen, die unter Wasser gelernt haben, an Land getestet, wurden die Ergebnisse schlechter. Es entsteht also eine große Lücke, wenn du zu Hause in der Jogginghose, am Schreibtisch oder im Sitzen deinen Vortrag oder eine Präsentation vorbereitet und vielleicht auch einmal Probe sprichst und dann aber, wenn du die Präsentation wirklich gibst, in schicker Kleidung stehend in einem völlig anderen Raum bist.

Die Reize aus dem Raum, also die Kontextreize, sind grundverschieden von dem, wie Informationen gespeichert wurden. Du kannst jetzt aber mehrere Dinge tun, um deinem Gehirn dabei zu helfen, die Inhalte besser zu erinnern. Dazu musst du nur verschiedene Kontextreize, also Objekte aus den Situationen, der du gelernt hast, mitnehmen in die Situation, in der du präsentierst. Das funktioniert am besten, wenn du zu Hause die Präsentation mehrmals sprichst und dabei bereits die Kleidung anziehst, die du auch in der realen Situation tragen wirst. Vielleicht den Presenter oder Folien Clicker mitnimmst. Du könntest den Schmuck tragen, die noch tragen wirst. Du kannst das Parfüm auflegen, falls du sowas machst und du kannst dir den Raum vorstellen, in dem du reden wirst, sofern du ihn kennst.

Auch hier spielt es wieder eine große Rolle, wie viele Informationen wir uns eingeholt haben. Je mehr Informationen wir eingeholt haben über die reale Situation, desto besser können wir jetzt visualisieren, wie die Situation aussehen wird und desto besser können wir unser Gehirn darauf vorbereiten, in der realen Situation die Reize aus dem Kontext wiederzuerkennen und uns dann dabei unterstützen, Informationen abzurufen.

Dieser Tapeteneffekt bezieht sich in erster Linie auf das, was unser Gehirn an Reizen um uns herum wahrnimmt. Der stärkste davon ist übrigens immer der Geruch. Das ist der stärkste Erinnerungsträger. Das merkt man sehr schnell, wenn man sich an Gerüche aus der Kindheit erinnert und wenn man sie wieder riecht, als erwachsene Person dann plötzlich Bilder in den Kopf bekommt oder kurze Videosequenzen vor sich sieht. Eine Erinnerung aus der Kindheit. Es gibt aber auch Untersuchungen, die zeigen, dass wir eben nicht nur Hinweisreize aus der Umgebung nehmen, sondern auch aus unserer Körperhaltung. Also dass die Art und Weise, wie wir stehen, wie wir sitzen, wie wir uns bewegen, unserem Gehirn auch Signale sendet und dadurch bestimmte Informationen leichter oder schwerer abrufbar werden. Das bedeutet, dass wir, wenn wir die Präsentation üben, auch unbedingt stehen sollten und das nicht im Sitzen machen sollten. Also je näher wir an die Situation herankommen, desto besser.

Ein weiterer Punkt, um sich gut auf die Situation vorzubereiten, ist es, mit Leuten im Vorfeld über das Thema zu reden. In der zweiten Folge haben wir schon drüber geredet, dass das dazu führt, dass du andere Perspektiven auf das Thema entdecken kannst und dadurch eine bestimmte Relevanz aufmachen kannst. Also warum ist dieses Thema jetzt für die andere Person spannend? Hier kommt jetzt noch ein anderer Aspekt dazu. Und zwar kannst du davon profitieren, mit anderen zu reden, weil du das Gefühl bekommst, was zum Thema sagen zu können.

Wenn du im Vorfeld einer Präsentation mit fünf Leuten über das Thema gesprochen hast und das gute Gespräche waren, dann wirst du das Gefühl bekommen, dass du was zu sagen hast zu dem Thema. Und das gibt dir die Glaubwürdigkeit für dich selbst, also das Gefühl, dass du eben nicht über ein Thema redest, zu dem du eigentlich keine Ahnung hast, sondern dass du wirklich was beitragen kannst. Das ist eine sehr starke Vorbereitung und du kannst es auch machen, wenn du in der Situation bereits bist, also kurz bevor dein Vortrag beginnt, deine Präsentation beginnt.

Du kannst dich, wenn du auf einer Veranstaltung bist oder in einem Seminar oder in einem Meeting schon im Vorfeld mit Teilnehmenden unterhalten. Das hat gleich mehrere Effekte, denn natürlich, wir haben es nicht einfach ganz simpel auf also du bereit ist, deine Muskulatur darauf vorher zu reden bist schon warm gesprochen und zum anderen merkst du aber auch Hey, das sind ja Menschen, die vor mir sitzen. Also das Publikum, das, wenn man es von außen betrachtet, einfach als große Masse sehr einschüchternd wirken kann, ist im Detail betrachtet dann einfach nur eine Ansammlung von ganz normalen Menschen. Und wenn ich mit denen ins Gespräch komme, dann verstehen auch die unbewussten Anteile meines Gehirns, dass es einfach nur ganz normale Menschen wie ich sind und dass ich mit denen ganz normal reden kann, dass sie nicht bedrohlich sind.

Also profitierst du davon, wenn du im Vorfeld versuchst, in den Smalltalk zu kommen, mit zwei, drei Personen im Publikum so das Eis zu brechen, dann sind es auch die Personen, die du vielleicht dann auch ganz sympathisch findest und zu denen du immer wieder mal Blickkontakt aufbauen kannst, während du sprichst. Der Blickkontakt ist übrigens sowieso sehr wichtig. Meine Empfehlung für dich ist, kurz bevor dann deine Präsentation beginnt. Nimm dir den Moment, vielleicht während du anmoderiert wirst und guck dich einfach im Publikum kurz um. Geh die Reihen durch, halte kurz Blickkontakt und du wirst feststellen, dass da wirklich einfach nur Menschen sitzen.

Loslassen für mehr Kontrolle

Der dritte und letzte Weg im Umgang mit den Unwägbarkeiten ist das Loslassen. Und ich habe ja schon gesagt am Anfang, das ist der schwerste Weg für die meisten, denn man muss dabei wirklich loslassen. Hier geht es darum, an deinem Mindset, also an deinen Glaubenssätzen, zu arbeiten. Denn wenn die von Angst geprägt sind, sind die häufig auch sehr negativ. Und das kann auch wieder unbewusste Glaubenssätze sein. Also dass ich annehme, das Publikum möchte mir irgendwas Böses tun. Die bewerten mich hier, denn wir wissen ja, die Angst ist eigentlich eine Bewertungsangst.

Oder Ich bin nicht gut genug vorbereitet. Und wenn etwas schief läuft, dann bin ich schuld. Das ist meine Schuld. Also, wir müssen hier umdenken. Der erste Schritt kann sein, anzuerkennen, dass du gut vorbereitet bist, weil du den ganzen Kram gemacht hast, den wir in den letzten Folgen besprochen haben und auch den, den wir heute besprechen. Dann wirst du so gut vorbereitet sein, dass du mit Sicherheit sagen kannst Ich habe hier wirklich alles Mögliche getan. Der Rest, der ist jetzt einfach Glück oder Schicksal oder liegt in den Händen von irgendeinem Gott. Je nachdem, was für dich da jetzt am besten passt. Für mich wäre es Glück.

Und es ist auch völlig okay anzuerkennen, dass wir an verschiedenen Zeitpunkten, also an verschiedenen Tagen und mit verschiedenen Stimmungen auch unterschiedlich leistungsfähig sind. Und es gibt Tage, an denen funktioniert alles super, da ist das Leben federleicht und wir können in jeder Situation alles meistern. Und dann gibt es Tage, an denen einfach so gar nichts gelingen möchte, wo auch die beste Vorbereitung dazu führt, dass man irgendwie so mittelmäßig ist, dass man fahrig wirkt oder einfach keinen Spaß daran hat. Und das ist völlig okay. Stell dir vor, jeden Morgen wird gewürfelt und wenn du eine Eins hast, hast du an dem Tag einfach einen guten Tag. Wenn du sechs hast, wird der Tag Bombe. Das ist einfach eine Realität, mit der wir leben müssen, die wir aber abfedern können, indem wir uns gut vorbereiten. Je besser wir vorbereitet sind, desto weniger einzeln würfeln wir und desto mehr Sechsen.

Außerdem kannst du dich fragen, was denn im schlimmsten Fall eigentlich passieren kann. Also angenommen, es geht wirklich alles schief. Du verpasst den Zug, bist also zu spät bei der Präsentation. Deine Präsentation geht eh nicht zu öffnen, denn der Rechner ist kaputt, Dein USB Stick ist zerbrochen. Du hast gar nichts vorbereitet. Wie auch immer, du vergisst alles, was du sagen wolltest. Dein Publikum lacht dich aus. Du versinkst im Erdboden. Was passiert dann? Wahrscheinlich gehst du dann halt mit einem schlechten Gefühl nach Hause. Aber darüber hinaus versucht diese Kette bis zum Ende zu denken. Was ist das Schlimmste, was passieren kann? Also, wenn ich hier eine Präsentation habe zu einem Thema, wo ich eingeladen wurde und ich versaue diesen Vortrag, der ist wirklich nicht gut geworden. Gut, dann kann es passieren, dass ich von dieser Person nicht mehr eingeladen werde. Das ist okay. Wahrscheinlich werde ich eh nicht mehr eingeladen, denn man muss ja ein bisschen rotieren, kann nicht immer die selben Leute reden lassen. Endet dadurch mein Leben? Wahrscheinlich nicht. Meine Karriere wahrscheinlich auch nicht.

Das Gleiche können wir auch bei Prüfungen machen. Was ist das Schlimmste, was hier passieren kann? Dass mein Notendurchschnitt ruiniert wird? Nicht wirklich dramatisch. Du wirst feststellen, wenn du diese Kette immer durchdenkst, dass diese abstrakte Angst vor dem Schlimmen, was passieren kann, wenn man genau hinguckt, dann irgendwie aufgelöst ist. Denn die wenigsten Dinge hängen von einer Situation ab, schon gar nicht Prüfungen oder Vorträge.

Außerdem sind Fehler immer Teil des Prozesses. Also egal wie gut du vorbereitet bist, egal wie routiniert du bist, wie oft du schon deinem Leben vor Publikum gestanden hast es gibt immer Dinge, an denen du gerade arbeitest, um dich weiterzuentwickeln. Niemand ist jemals fertig. 1s Und alle machen immer Fehler. Denn Fehler sind ein Weg für unser Gehirn zu lernen. Also was zu testen, festzustellen klappt nicht und es anders zu machen. Und im Gegenteil, es macht dich dein Publikum sogar sympathischer. Denn wenn sie sehen, dass du strahlst, wenn sie sehen, dass du Probleme hast, dass du, dass dir was zersprungen ist, was du. Dass du ins Stottern gekommen bist, da macht dich das sympathischer, weil sie den Publikum in dir wiedererkennen kann.

Denn wie schon gesagt, auch sie sind überraschenderweise Menschen und alle Menschen machen Fehler. Und zu sehen, dass es anderen genauso geht, dann aber trotzdem mit der Präsentation dabei rauskommt, macht das umso sympathischer, weil es greifbarer macht, dich näher bringt. Und wenn du jetzt auf dich selbst guckst, dann kannst du dich auch fragen

Wie oft hast du schon Publikum gesessen und demjenigen oder demjenigen, der da vorne steht, das Schlechteste gewünscht? Gehofft, dass die so richtig scheitern? Wahrscheinlich noch nie. Und wenn doch, dann ist es ein anderes Thema. Andere Menschen sind genauso. Niemand wünscht denjenigen, die vorne stehen, was Schlechtes. Die meisten Menschen, im Gegenteil, sind sogar froh, dass sie nicht selbst da stehen müssen. In der Regel sind immer alle daran interessiert, dass die Situation den bestmöglichen Ausgang nimmt.

Wenn du dir so viele Informationen über die Situation holst, wie du kannst, wenn du dich darauf vorbereitet, wie du vorn stehst, wie du reagierst, wenn dir Dinge passieren, die nicht geplant waren und wenn du mit dem Mindset heran gehst, dass du das Bestmögliche getan hast und der Rest davon abhängt, was das Glück dazu spielt, dann bist du sehr gut vorbereitet auf alle Eventualitäten. Und dann gibt es fast nichts, was deinem Vortrag wirklich Schaden zufügen kann. Und wenn du diese Erfahrung einmal selbst gemacht hast und erlebt hast, dass eigentlich nichts schiefgehen kann und selbst wenn was schiefgeht, dann ist es meistens eher witzig als schlimm. Dann hast du eine Sicherheit erlangt, die dir in Zukunft bei allen weiteren Präsentationen den Rücken stärken wird.